SuitePad Blog / Hoteltechnologie / Datenschutz im Hotel: Alexa, Siri & Co.

- Aktualisiert am 21.02.22 -

Digitale Sprachassistenten halten Einzug in die privaten Haushalte. Alexa, Siri, Cortana & Co. beantworten Fragen, wickeln Einkäufe ab oder spielen Musik. In Deutschland sollen allein im dritten Quartal 2017 über sieben Millionen Smart Speaker verkauft worden sein. Trotz Neugier herrscht aber auch Vorsicht: Laut einer Studie von nextMedia.Hamburg, fühlen sich 77 Prozent der Deutschen im Bezug auf den Datenschutz der Sprachassistenten unsicher.

Wenn die Dienste der intelligenten Lautsprecher nun im Hotel eingesetzt werden sollen, steht die Hotellerie noch vor großen Herausforderungen. Es stellt sich die Frage: Können die intelligenten Lautsprecher im Hotel genutzt werden oder stehen sie im Konflikt mit dem Datenschutz?

Vorab: Dieser Blogbeitrag ersetzt nicht die juristische Beratung. Wir raten jedem Leser, der sich für den Einsatz von Sprachsteuerung im Hotel interessiert, sich von einem Rechtsanwalt und Datenschutzexperten beraten zu lassen.

Datenschutz und Alexa – im Hotel vereinbar?

Im Hotelzimmer sollen die intelligenten Lautsprecher zu einem persönlichen Butler werden, der auf Zuruf des Gastes agiert. Mit Sprachassistenten bringen Hotels nun Mikrofone in die Zimmer, die ab dem Erkennen des Aktivierungswortes das Gesprochene aufzeichnen. Auch wenn sie nicht ständig aufzeichnen, so sind die Geräte permanent aktiviert, d. h. sie hören stets mit, um das Aktivierungswort zu erkennen. Nicht jeder Gast wird sich damit wohlfühlen, rund um die Uhr angehört zu werden. 

Dass dieser persönliche Assistent mithört und aufzeichnet, fühlt sich aber nicht nur für manchen Gast seltsam an, sondern kann für Hoteliers hierzulande problematisch werden. In den USA, wo die Datenschutzbestimmungen weniger stark reguliert sind, werden die Sprachassistenten seit 2017 in zahlreichen Hotels getestet. Aufgrund von Konflikten mit den deutschen Datenschutzbestimmungen sind die virtuellen Assistenten in deutschen Hotels jedoch noch nicht verbreitet.

Problematik 1 mit digitalen Sprachassistenten: Die Geräte sind aktuell für den Heimgebrauch konzipiert

Soll zum Beispiel Alexa in den Hotelzimmern zum Einsatz kommen, so müssen Amazon-Konten für die Geräte eingerichtet werden. Hier steht der Hotelier vor dem ersten Problem, denn nicht der Endnutzer, sondern das Hotel als Dienstanbieter stimmt den Nutzungsbestimmungen zu.

Mit der Installation der App, die zur Verwaltung der Assistenten notwendig ist, wird es Amazon gestattet, alle Sprachbefehle in der Amazon-Cloud, d. h. auf Amazon-Servern zu speichern. Diese stehen nicht nur in Europa, sondern auch in den USA oder in anderen Ländern.

Nach Einschätzung des Datenschutzbeauftragten Andreas Thurmann ist die fehlende, eindeutige Zustimmung des Gastes äußerst problematisch: „Aus datenschutzrechtlicher Sicht muss der Gast als Nutzer zustimmen, eine formgerechte Einwilligung fehlt! Über den Vertragszweck, also der Speicherung von personenbezogenen Daten im Rahmen des Beherbergungsvertrages, ist die Datenverarbeitung ebenfalls nicht abgedeckt. Ein aktives Einschalten des Mikrofons durch den Gast kann nicht als nachweisliche Einwilligung gewertet werden.“

Für den Hotelier stellt sich die Problematik, wie er die Einwilligung des Gastes auf rechtskonforme Art erhalten kann. Aktuell wird diese Frage – in Deutschland – noch zu schwammig beantwortet. Amazon Alexa wurde für den Heimgebrauch konzipiert und kann nach unserer Einschätzung derzeit in Hotelzimmern noch nicht rechtskonform zum Einsatz kommen.

Problematik 2 mit digitalen Sprachassistenten: Die Speicherung der Daten – zum Teil auf unbestimmte Dauer

Den Alexa Nutzungsbestimmungen ist zudem zu entnehmen, dass jede Sprachnachricht auf unbestimmte Dauer gespeichert und vom Eigentümer des Amazon-Kontos wieder abgerufen werden kann. Theoretisch kann das Hotel alle Nachrichten zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzurufen, was einen starken Eingriff in die Privatsphäre des Gastes bedeuten würde. Auch Apple sendet die Konversationen mit Siri an die Server von Apple, um sie verarbeiten. Die Unterhaltungen mit Siri werden zwei Jahre lang gespeichert.

Das Datenschutzrecht sieht die Löschung von personenbezogenen Daten nach Wegfall des Zwecks der Datenspeicherung vor. Über die Alexa App z. B. können Sprachnachrichten aktiv gelöscht werden. Dies erfolgt jedoch nicht automatisch, sondern muss immer aktiv vorgenommen werden.

Außerdem fehlt die Möglichkeit, mit Alexa oder Siri zu interagieren, aber die Speicherung der Spracheingaben dabei generell zu deaktivieren. Diese Funktion wäre, für den privaten Haushalt sowie auch für die Hotellerie, sehr wünschenswert und ein Schritt in die richtige Richtung. Aber die Anbieter ermöglichen dies (noch?) nicht.

Problematik 3 mit digitalen Sprachassistenten: Die Nutzung durch die Anbieter und die Speicherung im Ausland

Die Server, auf denen die Sprachnachrichten gespeichert werden, stehen nicht nur in Europa, sondern auch in den USA oder in anderen Ländern. Die Speicherung der Daten im Ausland kann unter Umständen dazu führen, dass persönliche Daten in Ländern landen, die einen deutlich geringeren Datenschutzstandard als Deutschland haben.

Sieht man einmal von den gesetzlichen Anforderungen ab, so betont Datenschutzexperte Thurmann, können die Persönlichkeitsrechte von Gästen in einem weiteren Punkt eingeschränkt werde, „...wenn zum Beispiel Amazon die Daten für weitere Dienste nutzt und verwertet oder wenn Ermittlungsbehörden bzw. US-Behörden im Rahmen des USA Patriot Act auf diese Daten zugreifen wollen. Das Risiko ist hoch!“

In diesem Jahr erhielt Alexa den Negativ-Preis „Big-Brother-Award“ in der Kategorie Verbraucherschutz. Der Award wird seit dem Jahr 2000 einmal im Jahr an Unternehmen oder Behörden verliehen, die besonders wenig Wert auf Datenschutz legen. In der Begründung hieß es, dass die Aufnahmen in der Cloud gespeichert und noch Monate später abgespielt werden können. – Und es sei unklar, wer auf die gespeicherten Aufnahmen zugreifen könne.

Digitaler Sprachassistent – Ja oder Nein?

Nicht nur um die Privatsphäre der Hotelgäste zu schützen, sondern auch, um als Hotelier nicht möglicherweise gegen das Bundesdatenschutzgesetz zu verstoßen, raten wir zurzeit von der Nutzung solcher Spracherkennungssoftware ab und binden sie bewusst nicht in unser Angebot bei SuitePad ein. (Die Integration von Sprachbefehlen ist eine logische Weiterentwicklung des SuitePads, mit der wir uns durchaus intensiv beschäftigen. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, weshalb wir uns bei SuitePad im ersten Schritt gegen digitale Sprachassistenten entschieden haben.)

Sprachassistenzdienste werden trotz aller Datenschutzprobleme in der Zukunft Teil eines modernen Gasterlebnisses werden. Die Technologie wird in viele Lebensbereiche einziehen und sicherlich auch nicht vor der Hotellerie halt machen. Die datenschutzrechtlichen Diskrepanzen müssen jedoch zuerst gelöst werden.

Die Diskussion um Alexa, Siri und Co. und den Datenschutz wird daher – nicht nur in der Hotellerie, sondern auch allgemein – noch tiefer gehender geführt werden müssen. Die neue EU-Datenschutzgrundverordnung wird dabei, mit ihrer Forderung nach Privacy by Design und Privacy by Default, hoffentlich den Anstoß zu einer nutzerfreundlicheren und datenschutzrechtlich konformeren Gestaltung geben.

Und noch eine Entwicklung gilt es zu beobachten: Der Markt ist aktuell bestimmt durch Amazon und Google, aber auch IBM versucht sich wieder verstärkt in das Geschäft mit den Sprachassistenten einzumischen. IBM launchte seinen Watson Assistant im März 2018, der besser auf Lösungen für die Industrie eingehen soll. Watson soll u. a. den Vorteil bieten, dass er gesammelte Daten nicht zwingendermaßen mit IBM teilt. Hoteliers sollen die Möglichkeit haben, die Daten ihrer Gäste für sich behalten zu können. 

Ob der Watson Assistant tatsächlich rundum den deutschen und europäischen Datenschutzanforderungen gewachsen ist, wird in Zukunft noch zu untersuchen sein, und auch die Kosten für IBMs High-End-Lösung werden aktuell wohl noch eine finanzielle Hürde für viele Hotels darstellen. Dennoch gibt er, neben der DSGVO, einen zusätzlichen Anstoß, die datenschutzrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Sprachassistenten weiter zu überdenken und voranzutreiben.

- Veröffentlicht am 5. Juni 2018



Nora Heinz

Nora Heinz

Nora war Marketing Manager bei SuitePad von 2017 bis 2019.

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